Wer weiß denn sowas?

Wenn ein neues Buch erscheint, verfallen Autor:in und Verlag natürlich in allergrößte Vorfreude. Das strahlende Baby muss gehätschelt und getäschelt werden, und nichts eignet sich da besser als ein schmuckes Interview. Denn über das allerneuste Buch gibt es ja immer was zu erzählen. Und wenn man ganz viel Glück hat, dann erscheint dieses Interview nicht nur auf der Homepage des Verlages, wo es nur die wenigsten Menschen suchen und finden, sondern sogar in der Fachpresse im Newsfeed unter den Branchenmeldungen. Solange man nur so tut oder zumindest behauptet, es gäbe einen gewichtigen Anlass, und sei der auch weit hergeholt.

Wie bei der Autorin Zusa K. (der Name ist verfremdet) und dem dritten Band ihrer Kinderbuchreihe um die 6-jährige kleine Erfinderin Emilia, die nur (fast) zufällig mit Nachnamen Zweikiesel heißt (Name und Geschlecht sind ebenfalls bis zur Unkenntlichkeit verfremdet). Der dritte Band? Da muss man jetzt schon weiter ausholen.

Nun sag doch mal, wie bist du nur auf diese fulminante Idee gekommen? „Mein Vorschlag, eine kleine Erfinderin zur Buchheldin zu machen, die mit den Tieren sprechen kann, fand sofort großen Anklang.“ beim Verlag, sagt die Autorin. Also irgendwie so eine Mischung aus Liam Sausesturm (Name der Titelfigur nur beispielhaft), aber mit Erfinderinnenwerkbank und Tier-Quassel-Maschine. Das gab es ja bisher so überhaupt nicht in der Kinderliteratur, sprechende Tiere und sie verstehende Menschen, vorrangig Kindern, die das zum Teil ja ganz ohne Technik hinkriegen. Aber es steckt ja noch so viel mehr drin im Buch:

„Die Geschichte um Emila Zweikiesel zeigt auf, dass Dinge immer wieder schief gehen können, aber dass man sich nicht unterkriegen lassen darf, sondern dass es stets einen Weg gibt, sie doch noch hinzukriegen – mit „Erfindergeist“ und guten Freunden, die sich gegenseitig helfen. Emils enge Verbindung zu Tieren und der Natur vermittelt außerdem, wie schön und wichtig es ist, sich um die Umwelt zu kümmern, sie zu schützen.“ Jaaaa, wer würde das nicht mit aus vollstem Herzen unterschreiben, das Hinfallen und wieder Aufstehen, die guten Freunde, die einen unterstützen, der enge Draht zu Tieren und Natur. Das ganze gefällig illustriert, fertig ist ein Buch ohne jegliche Ecken und Kanten.

Aber die hochinteressierten Leser:innen erfahren nicht nur alles Wissenswerte rund um Autorin und Buch, sondern sie bekommen auch noch ganz praktische Tipps, sollten sie rein zufälligerweise als Buchhändler:in tätig sein. Denn wer wollte nicht gerne wissen, wie Zusa K. ein Schaufenster für ihre Emilia gestalten würde. Neben Tieren und Seifenkisten und Erfinderinnenkram darf selbstverständlich eine kleine Mitmachaktion nicht fehlen, in der Kinder selbst ihre Erfindungsideen malen oder basteln, die dann ausgestellt werden sollten. Ach ja, die Ideenfindung folgt direkt auf die Frage, mit welchem Argument das Buch ideal zu verkaufen wäre, falls die Buchhändler:in da nicht von selbst drauf kommt. Fehlt noch was? Nö, alles beisammen.

Warum nur suche ich hier eigentlich so vergeblich den Schriftzug „Anzeige“?