Alles schief bei PISA

Was muss man zu den Ergebnissen der PISA-Studie sagen? Nicht viel. Erwartbar und die Fortschreibung der katastrophalen Ergebnisse in der Mittelstufe, die die IGLU-Studie für Grundschülern schon gesammelt und vogestellt hat.

Was muss man zu den Reaktionen der Bildungspolitik sagen? Nicht viel. Erwartbar und die Fortschreibung der Ausflüchte, die schon nach Veröffentlichung der IGLU-Studie unsäglich waren und in kleinklein und hoppladihopp enden, wenn überhaupt.

Beispiele gefällig?

Starten wir im Länd, denn Kultusministerin Theresa Schoppe (Grüne) war schnell mit einem offiziellen Statement in der Öffentlichkeit. Der zweite Satz der Pressemitteilung lautet schon: „Deutschland ist in der Digitalisierung hinterher.“ und hatte dadurch keine guten Bedingungen für den Online-Unterricht. Aber Schoppe hat das Defizit selbstfreilich erkannt und alles wird gut, denn „die Pandemie hat einen regelrechten Online-Booster ausgelöst.“, also den schulischen The-Länd-Dopplewumms .Weil es dort jetzt ein neues Schulgesetz gibt, in dem es als Highlights um Rechtssicherheit beim Einsatz digitaler Lehr- und Lernformen und der Möglichkeit zur digitalen Schulanmeldung geht. Aha. Ist etwa schon ein konkretes Projekt angelaufen? Ja! „Robotik an der Grundschule“. Alles klar, bei Theresa-R2D2-Schoppe ist alles hochgefahren.

Und am Ende des Statements steht noch: „Wir legen deshalb ein verstärktes Augenmerk auf die Sprachförderung an der Schwelle zwischen Kindergarten und Grundschule.“ Übersetzt heißt das: Wir haben zwar kein Konzept und auch kein Geld, aber finden das grundsätzlich wichtig. Augenmerk halt. Verstärkt in den Blick nehmen. Gezielt unterstützen. Weichen stellen. Synonyme für kein Geld ausgeben halt. Punkt.

Hessen? Pressemitteilung oder Statement gibt es nicht, aber auf Anfrage heißt es, die Ergebnisse kämen wenig überraschend. Weil die Corona-Schulschließungen „in Deutschland viel einschneidender waren als in anderen Ländern“ und begründet durch eine „durch die Zuwanderung immer heterogener werdende Schülerschaft – sehr oft aus bildungsfernen Familien“. Dagegen hilft das Programm Löwenstark – der BildungsKICK, deren hinterlegte Mittel aber nur zu 21,5 Prozent von Schulen angefordert worden sind. Läuft also. Theoretisch.

Brandenburg? Bildungsminister Steffen Freiberg (SPD) hat ja die nach den 10 Geboten wichtigste Sammlung lebensentscheidender Ratschläge schon in der Tasche: Den 12-Punkte-Plan mit den „Maßnahmen zur Verbesserung der Qualität der Schulen in Brandenburg“. Was gut ist: Man führt in Brandenburg das Hamburger Leseband in den Grundschulen an. Was nicht so gut ist: freiwillig.

Mecklenburg-Vorpommern? Bildungsministerin Simone Oldenburg (Die Linke) stärkt den Erwerb der basalen Kompetenzen mit Leseband und mehr Deutsch und Mathematik in den Grundschulen. Aber das braucht Zeit, bis Ergebnisse erzielt werden.

Bayern? Da ist Bildungspolitik Chefsache. Zusammengefasst in der Headline des Portals „News4Teachers“: „Söder nennt Pisa-Schock „Schlag ins Gesicht Deutschlands“ – und kündigt Genderverbot an Bayerns Schulen an“. Genau. Das war’s. Diese Genderdebatte hat ja so viel ausgebremst in Deutschland. Sternchen und Doppelpunkte statt Internet und Schultoilettenrenovierung, so war’s doch. Und die neue Kultusministerin Anna Stolz (Freie Wähler) kündigt Förderprogramme in Bayern an, obwohl sich ja die Ergebnisse auf ganz Deutschland bezögen, sagt sie.

Rheinland-Pfalz? Klingt wie Baden-Württemberg: Mangelhafte Digitalisierung, heterogene Schülerschaft, zu lange Schulschließungen. Und fachfremde Fachlehrkräfte. Was ja ein Wiederspruch in sich ist und man sich fragt, warum man die überhaupt hat. Ach ja, wegen der fehlenden Lehrer:innen, also den fachheimischen Fachlehrkräften. Als Lösung schlägt Kultusministerin Dr. Stefanie Hubig (SPD) vor, dringend noch mal Lehrkräfte zu suchen. Ach so, ja, klasse Idee. Lehrkräfte suchen.

Schleswig-Holstein? „Wir müssen mehr in Bildung investieren“, sagt Bildungsministerin Karin Prien (CDU), als wäre das PISA-Ergebnis da erst der notwendige Anstoß. Weil Bildung Ländersache ist, hätte das jedes Bundesland ja schon längst machen können, so dass die korrekte Aussage gewesen wäre: „Wir hätten mehr in Bildung investieren müssen.“

Sachsen? Kultusminister Christian Piwarz (CDU) hat versprochen: „Wir werden die Lehrkräfte bei ihrer Arbeit unterstützen.“ Klingt so, als wäre ihm eben erst aufgefallen, dass die ja in seinen Zuständigkeitsbereich fallen – hätte ihm zu Amtsantritt mal jemand sagen sollen. Und weiter: „Bildung muss aber auch stärker als bisher schon in der Kita beginnen.“ Was noch einfacher wäre, wenn es da etwas mehr Fachkräfte gäbe. Gibt es aber nicht.

Fazit: Wir müssen was tun, von flatternde Lesebänder einrichten bis Gendersternchen streichen. Föderalismus ist toll. Corona war blöd und dass die alle keine Deutsch können ist auch nicht in Ordnung. Digitalisierung ist Allheilmittel und basale Kompetenzen kann jetzt auch jeder fehlerfrei fördern, irgendwie. Und nur ganz selten erwecken die Aussagen den Eindruck, als würde sich etwas spürbar verbessern.