Joachim Masann-weg?
Joachim Massanek hat eine Menge erreicht mit seinen wilden Fußballkerlen. In jedem Jungskinderzimmer fliegt gefühlt ein Bettbezug, ein Schlampermäppchen und eine Brotbox in orange-schwarz herum. Im Regal stehen mindestens fünf abgegriffene Bände dieser Serie, umrahmt von zwei DVD-Hüllen mit den Gesichtern der wilden Ochsenknechts. Aber es ist nicht nur das. Ganz ohne Zweifel hat er einen neuen, eigenen Ton ins Kinderbuch gebracht, ob man ihn nun mag oder nicht. Und damit die verklärende 11-Freunde-müsst-ihr-sein-Schiebermützen-Toppen-Romantik der sonstigen Fußballgeschichten zumindest verbal abgegrätscht. Fußball ist eben mehr. Fußball ist das, was der englische Trainer Bill Shankly einmal gesagt hat: „Einige Leute halten Fußball für einen Kampf um Leben und Tod. Ich mag diese Einstellung nicht. Ich versichere Ihnen, dass es viel ernster ist!“ Genau so hat Joachim Massanek erzählt. Das ist sein Verdienst und hat sich ausgezahlt.
Joachim Masannek hat wenig erreicht nach seinen wilden Fußballkerlen. Hinter dieser Aussage steckt keinerlei Schadenfreude, sondern schlichtes Bedauern. Darüber, dass jemand den Weg zu einem ernstzunehmenden Kinderbuchautor nicht gefunden hat oder nicht hat finden wollen. Trotz vielerlei Anläufe. Und Verlagen, die Schlange standen, um jeder noch zu abstrusen Idee, jeder noch so vollmundigen Versprechung, der Film dazu sein schon geplant, bedingungslos zu folgen. Das macht es für Autoren einfach: Skeptische Nachfragen von Verlagen werden gleich zum Vertrauensbruch stilisiert, bei schlechten Verkaufszahlen fehlendes Engagement und unzureichende Werbebudgets angeprangert, Lektorate als überflüssig deklariert, und dann bekommt der Agent eben den Auftrag, einen neuen Verlag zu suchen. Deshalb führte der Weg von Joachim Masannek von Baumhaus zu Schneider, von Schneider zu cbj, von cbj zurück zu Baumhaus. Eine einzige Spur des Misserfolgs. Wildernacht wurde nach zwei Kladden und einem Roman eingestellt. Die Honky Tonk Pirates sind zwar erschienen, aber die parallel angekündigte internationale Verfilmung in 3D stockt seit 2012, auch weil die Bücher die Verkaufserwartungen nicht erfüllen.
Aber jetzt gibt Joachim Masannek wieder Vollgas. Seine neue Serie, V8, knüpft da an, wo er mit den Fußballkerlen einen Pfad schon zu einer mehrspurigen Rennstrecke ausgewalzt hat. Das Runde ist diesmal kein Ball mehr, sondern der Reifen eines Rennwagens. Naja, einer Art aufgemotztem Kart wie aus übriggebliebenen Requisite von Mad Max. Und das Prinzip ist altbekannt: Das gute Rennfahrerkinderteam gegen die bösen Barakudas. Und sonst? Nichts, außer der diesmal direkt aneinander gekoppelten Vermarktung von Film und Buch, die beide am 26. September an der Startlinie gingen. Und weder im Kino noch im Buchhandel sehnsüchtig erwartet wurden.
Und nun? Sollte zumindest der Verlag dringend den Safety Car einsetzen. Es gibt eine Fülle von Rechtschreibfehlern, eine süßschokoladige Schweinerei wird fälschlich Schweinigelei genannt – der Duden verrät, was letzteres bedeutet – aber das ist noch gar nichts gegen die spritleere Geschichte, in der allein die abstruse Ausstattung blendet wie Harald Glööckler in einer Tank- und Rastanlage. Bitte nirgends nachfragen, warum wem was passiert, es herrscht große Häh?-Gefahr. Seitenlang wird Red Bull erwähnt, als hätten die dafür bezahlt. Die Formelhaftigkeit der Sprache – Sechsfach geborstene Nockenwelle! – nervt nur noch. Auf der letzten Seite hört die Geschichte einfach auf, bevor sie richtig angefangen hat. Punkt. Mehr in Teil 2. Und weiter? Will man es wirklich wissen?
Vielleicht könnte Joachim Masannek auch anders schreiben. Wenn er sich darauf einließe, etwas auszuprobieren. Mit einem fordernden Lektorat etwas entwickelt. Etwas weniger Großes, das ausnahmsweise mal im Buch funktioniert und nicht gleich filmisch gedacht ist. Und ein Verlag sich darauf einließe, ihn dabei zu unterstützen. So jedenfalls gibt es für das Projekt V8 nur ein Richtung: mit Karacho gegen die Wand.