Kinder würden Kindle kaufen …
… und zwar die Kindle Kids Edition von Amazon. Tun sie aber nicht. Denn dafür müssten die Kleinen ja ganz schön lange stricklieseln. Also bestellen das die Eltern, und bekommen ein Paket zu 109,99 Euro mit einem ganz normalen Kindle der 10ten Generation (Normalpreis 79,99 Euro, aber mit 4 GB nur die halbe Speicherkapazität), eine „farbenfrohe Hülle“ in babyblau. Oder in babypink. Mit 2 Jahren Sorglos-Garantie. Einem Jahr kostenlosem Zugang zu Amazon FreeTime unlimited. Toll, oder?
Mag man ja denken. Aber so ganz passt das nicht zusammen. Denn der Kindle-Reader ist, Amazon sagt es ja selbst, einfach nur ein Reader, eben „nur für das Lesen entwickelt, sodass Kinder nicht durch Apps, Videos oder Spiele abgelenkt werden“. Sonst wäre es ja auch keiner. Weshalb die vielen Angebote von FreeTime unlimited zu FreeTime limited werden. Denn Bilder kann er nicht, der Reader, Videos nicht und Spiele auch nicht, sondern nur Schrift. Und Audio.
Wirklich umfassend nutzbar ist das Unlimited-Angebot dagegen auf dem Fire-Tablet von Amazon. Bunter Bildschirm, Audio-Ausgang, Kamera vorne und hinten, Lautsprecher und Mikrofon, alles dran. Eine farbenfrohe Hülle (neben blau und pink auch noch violett!), Sorglos-Garantie und FreeTime Unlimited gibt es in der Amazon Fire 7 Kids Edition selbstverständlich obendrauf. Und der Preis? Doch deutlich über diesem zu nichts weiter nützlichen Reader, oder?
Ha! Schlanke 99,99 Euro kostet er, und da ist nicht nur das Sparfuchs-Eternteil on fire. Ja, jetzt passt auch das Amazon-Versprechen „Seelenfrieden für Eltern“, denn die Kleinen können sich voll und ganz und altersgerecht durch Apps, Videos und Spiele ablenken lassen. Und wenn man die ruhig gestellten Kinder mal so richtig stören und gegen sich aufbringen will, „helfen Gesprächsideen Eltern dabei, Unterhaltungen mit ihren Kindern über deren Lieblingstitel zu führen.“ Die gibt es von Amazon noch gratis dazu.
Trotzdem gibt es Eltern, die von magischen Kindle-Wandlungen berichten. „Meine Tochter (8j) verwendet den Kindle-Kids jetzt seit ein paar tagen und hat tatsächlich angefangen freiwillig zu lesen“ heißt es in einer 5-Sterne-Bewertung. „Meine Tochter is 9 und war nie so begeistert von lesen.seit das Kindle Kids da ist hat sie gleich am ersten Tag 2 Bücher Gelsen“ und kann mittlerweile sogar Rechtschreibfehler beim Lesen automatisch korrigieren. Oder aber die digitale Kontrolle ist die Killer-Application schlechthin: „Super Teil! Die Kids lieben es, die farbige Hülle ist sehr schick und über die Elternseite kann ich die Benutzungszeit einsehen und kontrollieren. Kein heimliches Lesen mehr zu nachtschlafender Zeit“. Wäre ja auch noch schöner, wenn Kinder einfach unbeaufsichtigt lesen würden. Ist die Kindle Kids Edition also der Retter in der Not? Löst die Lesekompetenz-Probleme aller Kinder? Facht die Lust aufs Lesen an? Wohl nichts davon. Wenn ein paar Kinder dadurch zu Lesern werden, dann ist das nicht verallgemeinerbar. Wer jüngere Kinder wirklich fördern will, der liest vor, der bietet an, der wählt mit aus, der besorgt einen Bibliotheksausweis. Der bietet Büchern zum Anfassen. Bei alldem ist die digitale Variante aktuell nur die Zweitbeste.