ThAIlia

Von SPIEGEL bis Bayrischem Rundfunk, von STERN bis Börsenblatt: Sie alle haben mittlerweile das Thema „Kinderbuch erstellen mit KI“ aufgegriffen und gezeigt a) wie einfach das geht und b) was für ein Mist dabei herauskommt. Fast ausnahmslos werden diese Bücher über amazon und dessen KDP-Programm veröffentlicht. Weil es den, der dort einstellt, nichts kostet. Aber viel verdient, wenn es jemand doch kauft.

Der stationäre Buchhandel ist da außen vor. Es sei denn, man heißt Thalia. Dort gibt man sich bewusst modern und fortschrittlich und hat entschieden, dass KI eine gute Sache ist. Dagegen ist solange nicht einzuwenden, bis es an den eigenen Geschäftsgrundlagen kratzt. Ob es das tut? Noch längst nicht. Da hat Thalia wohl eine grundsätzlich andere Ansicht als ihre bisherigen sseriösen Partner, insbesondere diejenigen, die Bücher erstellen, von Verlag bis Autor:in, Illustrator:in und Übersertzer:in.

Ein erster Aufreger war die Ausschreibungsveröffentlichung Young Storyteller Award 2025 von Thalia und der österreichischen Selfpublishing-Plattform story.one zum Welttag des Buches am 23. April 2025. Darin heißt es: „Der Award ist offen für alle Kreativansätze, ob mit oder ohne KI“. Schon dass ist so ohne Kontext und Präzisierung der Freibrief für alles. Der erste Aufschrei führte dazu, dass es jetzt heißt: „Der Einsatz von KI ist erlaubt, solange er transparent im Impressum angegeben wird.“

Und weiter steht in den Geschäftsbedingungen von story.one: „Der Anbieter hat das Recht, abgedruckte Texte und/oder Grafiken für KI-Modelle zu verwenden.“ Und dass, obwohl an anderem Ort noch klar gemacht wird, dass die eingereichten Texte der Autor:innen keine Rechte Dritter verletzen dürfen.

Diese Art von Rechts- und Urheberrechtsverständnis ist entweder naiv oder bewusst gegen die Autor:innen gerichtet. Denn wer dort Texte einreicht, gibt die Kontrolle aus der Hand und schmeißt sein Werk in den Schlund der KI-Modelle. Wer das tut, ist selber schuld und erweist seinen schreibenden Kolleg:innen und deren Einsatz um die Wahrung von Urheberrechten einen Bärendienst. Auch sonst erweist sich story.one als eher skrupellos, wenn man in den Verträgen erwartet, dass sämtliche Übersetzungsrechte an story.one übertragen werden und die Möglichkeit einer automatischen Übersetzung explizit genannt wird. Egal. Der Thalia-CEO Ingo Kretschmar, der mal Groß- und Einzelhandelskaufmann bei Douglas gelernt hat,  sitzt in der Jury des Young Storyteller Award 2025 und bewertet mit.

Aber Thalia selbst ist nicht besser. Im Gegenteil. Denn im Thalia Online-Shop gibt es längst reine KI-Kinderbücher zu bestellen wie das gerne als Musterbeispiel herangezogene, rein KI-generierte Buch einer vermeintliche Autorin Sabine Jahn mit dem Titel Weil du ein wunderbares Mädchen bist. Eine Käuferin bewertet das Buch auf der Thalia-Seite wie folgt:

„Meine Tochter hat das Buch an Weihnachten bekommen. Schon drei Stunden später lag es ihm Altpapier. Es ist grausam schlecht geschrieben. Alle Bilder sind KI-generiert. So etwas ist peinlich und soll nie verkauft werden. Das Buch ist ein Schauplatz für Unkreativität und Entäuschung.“

Klar, das ist eine ungerechte Leserinnenmeinung, ganz im Gegensatz zur Expertinneneinschätzung. Die stammt von der Thalia-Buchändlerin Michelle Bergmann aus der Thalia-Filiale in Dorsten:

„Ein wunderschönes Kinderbuch um den Kindern Mut und Selbstbewusstsein leicht zu erklären. Es zeigt das jedes Mädchen besonders und einzigartig ist. Riesengroße Empfehlung für jeden der seinem Kind Mut zusprechen möchte.“

Und weil dieses Buch so besonders und einzigartig ist, gibt es bei Thalia darunter gleich noch die folgenden Titel als Alternative:

Weil du ein besonderes Mädchen bist von Engels Leah

Weil du ein einzigartiges und wunderbares Mädchen bist von Ada Braun

Weil du ein wundervolles und einzigartiges Mädchen bist! von Katja Sommer

Weil du ein wunderbares, mutiges, zielstrebiges und großartiges Mädchen bist von Frauke Günther

Weil du ein besonderes Mädchen bist von Elisa Ellental

Weil du ein wunderbares Mädchen bist von Anna Peters

Weil du ein wertvolles Mädchen bist von Linda Finke

Geschätzt kein einziges ist dabei liebevoll von einer Illustratorin ausgestattet oder einer Autorin geschrieben worden. Alles ist KI. Und wenn man die Leseprobe von Sabine Jahn liest, dann ist von den beiden Beurteilungen her eindeutig die Leserin die Expertin, denn die trifft mit ihrem Urteil „Es ist grausam schlecht geschrieben.“  die Schraube auf den Schädel.

Von daher: Macht nur weiter so. Dann braucht auch niemand mehr eure Filialen, und amazon-Bücher bei Thalia bestellen ist sowieso Humbug. Viel Spaß mit eurem neuen Geschäftsmodell Papeterie!