Seitenwechsel nach rechts

In Halle an der Saale fand am 8. und 9. November die Buchmesse Seitenwechsel statt, veranstaltet vom BuchHaus Loschwitz und deren Eigentümerin Susanne Dagen. Eine „Konservative Buchmesse“, wie es einer der Aussteller, die Junge Freiheit („Für alle, die es wissen wollen“) genannt hat. Seit den Tumulten auf der Buchmesse 2017 am Stand des Antaios Verlages von Götz Kubitschek inmitten von Halle 3.1 und der daraufhin vollzogenen Verbannung in eine Art Schlauch im Jahr 2018 – der der Antaois Verlag durch einen Blitzverkauf an den Loci Verlag entrann – fühlt man sich ausgegrenzt, wurden „die Buchmessen politisch immer enger“, wie Susanne Dagen sagt.

Es gab 6.000 Besucher:innen, Gegendemonstranten, nur eingeschränkte Möglichkeiten, frei über diese Messe zu berichten. Denn Medienvertreter wurden laut Mitteldeutscher Zeitung nicht einfach so akkreditiert. Stattdessen gar es begleitete Rundgänge unter Aufsicht des Medienbeauftragten der Messe.

Trotzdem wurde in den „Systemmedien“ ausführlich über Programm, Teilnehmende und fehlendes Klopapier berichtet. Worüber nicht berichtet wurde, ist über dort vertretene Kinder- und Jugendliteratur. Gab und gibt es keine, die dort ihren Platz hat? Da hilft ein Blick ins Ausstellerverzeichnis mit den Suchfiltern Kinderbuch und Jugendbuch.

Soviel vorab: Viel ist es (noch) nicht, zwischen all den Gesellschaftsanalysen, Politik und Historischem.

Eine Solo-Anbieterin ist die Kinder- und Jugendtherapeutin Heidi Müller mit ihrem Buch Ich bin Marcella, einem erzählenden Roman über sexuellen Missbrauch mit therapeutischem Charakter. Eine Art Self-Publishing-Angebot einer engagierten Therapeutin, die zum Thema sexueller Missbrauch auf Social Media immer wieder Innenminister Dobrint zum Handeln auffordert.

Aber es gibt auch kleine Verlage wie klein & ehrlich, gegründet von Till und Maria Schlegl. Sie veröffentliche Bilderbücher, das Programmatischste ist Der kleine Fisch schwimmt gegen den Strom. Worum es geht? Der Titel sagt es ja schon aus. „Der kleine Fisch wundert sich. Irgendwas riecht komisch. Nein, eigentlich stinkt es sogar. Doch alle Fische schwimmen weiter. Sie sagen, der Gestank stört sie nicht. Sie sagen, niemand kann gegen den Strom schwimmen. Ein Bilderbuch für künftige Rebellen. Ab 3 Jahren.“

Oder wie in einer amazon-Rezension gelobt wird: „Ein wichtiges Kinderbuch um zukünftige Mitläufer zu verhindern. Für mich als Querdenker Oma DAS Buch für meine Enkelin 4 Jahre.“ Diese Oma ist einem nicht zu wünschen. Dass der grimmig dreinblickende kleine Fisch Ähnlichkeiten mit Alice Weidel mit schlechter Laune hat, ist sicher kein Zufall.

Zweites Standbein von klein & ehrlich sind „Wahre Helden lesen“-Geschichten für Erstleser ab 7 Jahre, erschienen sind Biografien von Theodor Körner, romantisch-nationaler Dichter und Freiheitskämpfer, Gottfried von Bouillon, dem ersten Kreuzritter, und Arminus, dem berühmten Germanen.

Weiter geht’s. Die Tuttle Zwillinge sind eine Buchreihe – und eine Zeichentrickserie – des amerikanischen Autors Connor Boyack, Gründer des libertären Thinktanks „Libertas Institut“ in Utah und auf Deutsch erschienen im Verlag ABC Kinder- und Jugendbücher, einem von vielen Projekten von Zuzana Pesselová, neben ihrer Konzertagentur Allegra und ihrem Allegra Beratung & Coaching-Angebot.

Im Bereich Jugendbuch ist der Hydra Verlag aufgeführt, ein Comic-Verlag, der „Politisch unkorrekte Bildergeschichten“ verlegt. Das sind wüste Fantasien, historische Szenen und eine Art Marvel-Ästhetik in muffig deutschtümelnder Form.

Und im Begleitprogramm findet an beiden Messetagen der Vortrag: „Was macht ein gutes Kinderbuch und eine gute Erzählung aus?“ von Svenja Herget, Vorkämpferin für Homeschooling und unterwegs im Geiste Rudolf Steiners. Na klar, im Homeschooling ist man weit entfernt von den Staatsdienern im Schuldienst, die falsche Ideologie verbreiten.

Noch ist es also überschaubar, was da an rechter Demagogie für die Kinderzimmer aufgefahren wird. Aber es bleibt wichtig, dass aufmerksam zu beobachten.